Alle Artikel in: Nachdenkenswertes

Von den Erwartungen anderer…

    Jeder hat Erwartungen an andere Menschen. Ich habe Erwartungen an den Mann. Ich erwarte, dass er mich in der Öffentlichkeit nicht bloßstellt, dass er sich loyal mir gegenüber verhält. Ich erwarte, dass er sich um uns kümmert, um mich kämpft (immer wieder) und seine 4 Frauen liebt. Ich habe Erwartungen an meine Kinder. Ich erwarte, dass sie „Bitte“ und „Danke“ sagen. Ich erwarte, dass sie sich an unsere Regeln halten und beispielsweise nicht auf die Straße laufen und nicht die Wände anmalen. Ich habe Erwartungen an unsere Eltern und meine Freunde. Oft werden meine Erwartungen enttäuscht. Genauso enttäusche ich die Erwartungen anderer an mich. Was bleibt ist dieses fahle Gefühl der Enttäuschung. Schmerz. Niedergeschlagenheit oder Verletztheit. Die einzige Lösung scheint es, besser zu kommunizieren. Unsere Erwartungen zu formulieren. Doch selbst dann kann es sein, dass die gegenüberstehende Person unsere Erwartungen nicht erfüllen will oder nicht erfüllen kann. Selbst wenn wir das nicht verstehen können. Vielleicht ist es sehr viel besser, sich frei zu machen von Erwartungshaltungen. Ich erwarte nichts von den anderen und …

Wenn es zu viel wird – Familienalltag

  Jedes Wochenende auf Achse. Immer ist irgendetwas. „Was macht ihr heute? Morgen? Am Wochenende?“ „Wollen wir uns mal treffen?“ „Wir können ja mal einen Kaffee trinken gehen…“ Jeder, der das jetzt liest: Ich trinke gern Kaffee. Ich mag Menschen. Und mein Freundes-/Bekanntenkreis ist groß. Und ich mag das. Doch ehrlich, manchmal ist mir das zu viel. Wo ist die Zeit geblieben, an der wir am Wochenende ohne schlechtes Gewissen einfach nur zu Hause geblieben sind? Haben wir permanent Angst, etwas zu verpassen? Der Artikel und die Fragen, die ich hier stelle, entsprechen nicht komplett unserem Empfinden. Sie sind fiktiv gestellt und sollen aber deutlich machen, wie wichtig es ist, dass wir uns mehr reflektieren. Das Überangebot und das Tempo der Stadt hält uns gefangen. Wir sind hektisch. Wir haben zu viele Termine auf einmal und es gibt viele Wochenenden, an denen der Mann und ich doppelt und dreifach belegt sind und wir gar nicht wissen, wie wir uns entscheiden sollen. Warum machen wir da mit? Vielleicht ist es auch die Angst, einsam und verlassen …

Es tut mir leid, mein Schatz. Ich kenne dich noch nicht gut genug.

    Es tut mir leid, mein Schatz. Ich kenne dich noch nicht gut genug.   Dein Schnaufen, deine Bewegungen…all das ist mir noch unvertraut. Inzwischen weiß ich, wie es klingt, wenn du Hunger hast. Deine suchenden Bewegungen höre ich auch, ohne hinzuschauen. Manchmal bin ich jedoch nicht schnell genug, und du musst anfangen zu weinen. Fällt dir der Schnuller aus dem Mund, bekomme ich das manchmal nicht mit. Dann versuchst du ihn zu erwischen, indem du den Kopf hin- und herdrehst. Blöd, dass du noch nicht greifen kannst. Du bist völlig hilflos. Ist dir langweilig, hilft eigentlich nur dein Papa. Der nimmt dich immer so auf den Arm, dass du etwas sehen kannst. Ich denke immer, du musst schlafen. Das passt dir natürlich nicht. Zum Glück hast du einen Papa und deine Schwestern. Die findest du auch super spannend. Du zappelst und strampelst laufend. Genauso unruhig wie deine große Schwester. Ich weiß nicht, wie ich dir diese Unruhe nehmen kann. Du hälst dich damit selbst vom Schlafen ab. Und mich auch. Deine Arme fuchteln …

Start in den Alltag – „sei mutig und freundlich“

Das Leben läuft manchmal anders als wir es geplant haben. Auch für unsere Lele. Durch unseren Hausbau musste sie nach der 1. Klasse die Schule wechseln. Durch einen Antrag beim Schulamt, musste sie nicht die Schule im Bezirk besuchen, sondern durfte auf eine wunderschöne Schule mit einem riesigen Waldgrundstück gehen. Dort hatte sie nur freien Unterricht. Eigenentwicklung, Selbstreflektion und freies Arbeiten waren an der Tagesordnung. Unsere Lele wurde selbstständiger und stärker. Vor allem auch deshalb, weil viele Kinder sie ärgerten. Irgendwie war sie anders und fühlte sich nicht zugehörig. Ende des Schuljahres bekam ich einen Anruf von unserer Traumschule, bei der wir schon vor der 1. Klasse angeklopft, und keinen Platz bekommen hatten. Innerhalb einer Woche mussten wir eine Entscheidung fällen. Der Mann und ich hatten Bauchweh ob wir ihr das zumuten können. Ausschlaggebend war Lele, die glücklich war, noch einmal wechseln zu dürfen. Sie machte mich ehrlich sprachlos, mit wie viel Mut und Stärke sie ihren Weg geht. Sie ruht fest in sich, sie weiß wer sie ist und sie ist dabei nicht überheblich, …

Ein Appell für mehr Manieren

    Ja. Ich liege nicht im aktuellen Trend. Eine gewaltige Strömung an individuellen Kindern und Erziehungsmethoden strömt auf uns ein. Vielleicht geht es den Eltern mit den aktuellen Erziehungstrends besser. Sie müssen sich weniger aufregen, weniger Konflikte anpeilen und austragen und die Kinder haben weniger Grenzen, weniger Regeln, weniger schimpfende Eltern usw. Kann sein. Doch was passiert, wenn wir unsere Kinder zu Menschen erziehen, oder eben nicht erziehen, die in dieser Gesellschaft nicht mehr zurecht kommen und andere Menschen unfassbar nerven? Warum müssen Trendthemen immer so fürchterlich schwarz-weiß sein? Warum ist es nicht möglich, voller Liebe und voller Bindung zu meinem Kind zu sein und gleichzeitig meine Verantwortung wahrzunehmen, und sie zu mündigen Erwachsenen mit „guten“ Manieren zu erziehen? Ich habe schon oft überlegt, etwas zu diesem Thema zu schreiben und der Harfen – Auftritt unserer Lele vor ein paar Wochen hat tatsächlich das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie durfte bei einem Bambino- Konzert auftreten. Ein Konzert für kleine Kinder. Meiner Ansicht nach perfekt für ab 3jährige. Natürlich aber finden die heutigen Eltern, dass …

Vom Mutter werden und Mama sein

Anlässlich meiner nahe bevorstehenden Geburt habe ich viele Gespräche mit jungen Müttern geführt. Mütter, deren Babys noch nicht alt sind. Erstlingsmütter, aber auch Zweifachmütter. Vor einiger Zeit habe ich in der family einen Artikel über das Thema „Plötzlich Mutter“ geschrieben. Er handelte von der ersten Zeit des Mama-seins. Von den Schwierigkeiten und Turbulenzen und vor allem dem einen Gefühl: Ich habe mir das ganz anders vorgestellt. Das ist ein Gefühl, dass wir oft nicht laut aussprechen. Wir wissen, was wir zu fühlen haben, was man von uns erwartet. Wir fahren mit dickem Bauch ins Krankenhaus und erwarten, dass wir überschwängliche Liebe für das Baby haben, sobald es aus uns heraus purzelt. Doch dem ist oft nicht so. Vielmehr liegt das kleine Würmchen neben uns, wir schauen es an und denken: „Ach du meine Güte. Und dafür bin ich jetzt verantwortlich?“ Und dann fahren wir mit dem Babyautositz nach Hause. Das Baby sieht dabei viel zu klein aus, viel zu zerbrechlich. Und wir kommen zu Hause an, das Baby schreit und wir wissen GAR NICHTS. Überforderung. …

Gnade statt Perfektion.

    Ich bin schwanger und damit schaffe ich nicht mehr so viel wie vorher und viel bleibt liegen. Es fällt mir ungemein schwer Abstriche zu machen. Wo setze ich die Prioritäten? Was ist wirklich wichtig? Wie viel Raum und Stille geben wir unserer Seele. Was brauchen wir um ruhiger zu werden? Wie beginnen wir den Morgen, was bleibt liegen? Ich liege ganz oft morgens noch im Bett und versuche ruhig zu atmen, meine Gedanken zu sortieren und schicke ein stilles Gebet gen Himmel. Ruhe, Gelassenheit und vor allem der innere Friede, dass dieser Tag so wie er eben ist, gut ist. Genau das brauche ich jeden Tag. Momentan weiß ich nie, was passieren wird. Es gibt Tage, da bockt die kleine Merlind, da hat sie schlechte Laune. Es gibt Tage, da macht sie aus Versehen in die Hose. Es gibt Tage, da kommt ein schlecht gelauntes Schulkind nach Hause und weiß nichts mit sich anzufangen. Es gibt Tage, die sind zum Vergessen. Und dann gibt es diese Tage, da läuft es. Der Flow ist …

Die letzten Christen…

  Ich bin in Grünau. Eine Plattenbausiedlung am Rand von Leipzig. Zu DDR Zeiten hat man hier gern gelebt. Es waren die ersten Wohnungen ohne Kohleheizung. Ein absoluter Luxus. Inzwischen wirkt Grünau abgewohnt, düster und grau. Es ist sozialer Brennpunkt und nicht mehr begehrenswert, dort zu wohnen. Doch es ist kein sozialer Brennpunkt, wo man abends Angst haben muss. Normale Menschen leben dort. Es gibt Einkaufsmöglichkeiten, ein Schwimmbad, Schulen (sogar richtig gute Schulen wie die private Montessori Schule) und in der Nähe einen wunderschönen Badesee. Es ist also kein Wunder, dass sich mitten in Grünau eine Bruderschaft befindet. 5 Brüder leben hier gemeinsam und wollen ein Ort des Gebetes sein in einem nicht – christlichen Umfeld. Sie wollen nicht missionieren, sondern solidarisch leben und für die Menschen da sein, die hier wohnen. Ihre Bruderschaft, ihre Wohnung verstehen sie als Ort des Gebetes, der Nachbarschaft und der Freundschaft. 1x pro Woche treffen sie sich mit Menschen aus der Nachbarschaft zu einem kleinen Gottesdienst mit anschließendem Essen. Es sind vor allem aramäische Flüchtlinge, die zu diesen Treffen kommen. …

Lebenstempo.

      Der Zug rast an Feldern vorbei. Kühe, Pferde, Häuser, Wälder.. dann Städte voller Menschen. dreckig, laut und mitunter nicht sehr heimelig. So wie diese Welt außerhalb meines Fenster rast, so fühlt sich in den letzten Jahren mein Leben an. Das Lebenstempo ist hoch. Wer mich privat kennt, hat so manches Mal den Kopf geschüttelt und sich gefragt „warum so schnell?“ oder sich Sorgen gemacht „Wird sie das durchhalten?“. Mein Mann ist ebenfalls wie ich ein ehrgeiziger, zielstrebiger Mensch. Wir sind „Macher“ und haben keine Scheu, Entscheidungen zu treffen. Wir stehen zu unseren Fehlern, die manche Fehlentscheidungen hervorgerufen haben, reflektieren uns weitestgehend (unseres Erachtens meistens) gut und rasen weiter. Wir spornen uns an, wir sind unsere Cheerleader, feuern uns an und treiben uns zu Höchstleistungen an. Wir versuchen gleichzeitig, Auszeiten zu schaffen, uns zu erholen und abzuspannen. Wir liegen viele Abende faul auf dem Sofa oder in der Badewanne. Wir genießen unsere Liebe und sind dankbar für unser Leben. Trotzdem. Unser Leben rast vorbei. Es ist schwer, Momente festzuhalten und sie auszukosten. Letztes …

Tabu Thema Abtreibung

  In der aktuellen Family gibt es einen Artikel über das Thema „Abtreibung“, an dem ich mitwirken durfte. Das Thema ist hochemotional und belastet. Sogar bei meinen Recherchen wurde ich angefeindet. Allein das Wort „Abtreibung“ sollte ich nicht verwenden, sondern es als „Geburtsabbruch“ bezeichnen. Die Frauen waren voller negativer Gefühle und haben mich beschimpft. Andere haben sich privat bei mir gemeldet und mir ihre Geschichten erzählt. Wir haben unterschiedliche Meinungen dazu und könnten darüber streiten wie die Kesselflicker. Vorab möchte ich sagen: Ich bin Theologin und angehende Pfarrerin. Das bedeutet, dass Leben für mich wertvoll und ein Gottesgeschenk ist und jeder Mensch, egal wie klein er sein mag, unfassbar wertvoll ist. Ich bin immer dafür, ein Kind zu behalten. Gleichzeitig möchte ich, dass das Thema „Abtreibung“ kein Tabu- Thema mehr ist. Moment. TABU- Thema? Reden wir nicht im 21. Jahrhundert ganz offen darüber? Nein. Wir mögen debattieren, wir mögen uns empören über eine Hillary Clinton, die Abtreibung per Gehirnabsaugung bis kurz vor der Geburt erlauben möchte. Wir mögen es entsetzlich finden, dass Präsident Trump am …