„Wir ertragen es nicht mehr, wenn etwas alle ist.“
Diesen Satz sagte eine gute Freundin abends auf einer Party. Als uns vom Gastgeber immer neu Trinken nachgeschüttet wurde und die Chips, die Suppe und die Gemüsesticks nie alle wurden.
Sie spielte damit auf die übervollen Supermarktregale an und dass wir erwarten, dass 5min vor Ladenschluss noch frisches Brot beim Bäcker gebacken wurde. Ich hielt inne bei diesem Satz und er geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Erwarte ich das nicht auch? Wir gehen meist abends einkaufen und ja, ich greife dann nach dem warmen, frischen Brot. Was, es gab keinen Salatkopf mehr? Wie kann das sein? Im Kühlschrank gefühlt gähnende Leere und damit einhergehend: „Keine Ahnung, was ich essen/kochen soll.“ Dabei ist der Kühlschrank gar nicht leer und eigentlich müsste ich nur Kinder und Portemonaie schnappen und rüber zum Supermarkt laufen, der in Gehweite entfernt ist. Was sind wir bequem geworden!
Zu Weihnachten erkennt man wieder einmal mehr, was wir für eine innere Panik vor leeren Kühlschränken schieben. Da wird gekauft und gehortet, als hätte alles 3 Wochen lang geschlossen. Es sind nur 3 Tage. Und in der Zeit isst man ja sogar meistens noch bei Oma&Opa. Auch ich schließe mich davon nicht aus. Liegt es daran, dass man Kinder hat und man abgesichert sein möchte? Oder „ertragen wir wirklich nicht mehr, wenn etwas alle ist“?
Es gab eine Zeit in meinem Leben, da war der Kühlschrank wirklich alle. Ich war jung und Student und wir hatten eigentlich nichts. Wir mussten gut rechnen und Pfandgeld war wichtig. Wir mussten den Kühlschrank wirklich aufbrauchen und trotzdem hatten wir eigentlich keinen Mangel. Es war nur der Kopf, der fortwährend Panik schob. Angst und Sorge, dass es eventuell nicht reichen könnte. Aber es reichte immer. Und tatsächlich war auch hier einfach das Problem, dass es nicht normal war, dass „es einfach alle ist“.
Doch was machen wir nun mit dieser Erkenntnis? Ich gehe mal davon aus, dass es uns eigentlich allen gut geht. Selbst mit Hartz IV sind die grundsätzlichen Bedürfnisse gedeckt. Wir müssen uns also theoretisch keine Sorgen machen. Doch wie kommen wir aus diesem Denken raus?
Es ist so immens wichtig, dass wir uns gerade in dieser Adventszeit auf das wesentliche besinnen. Wir brauchen keine brechend vollen Kühlschränke. Wir brauchen keinen 5. Pullover für die Kinder und auch nicht den 6. Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Kann man alles machen, muss man aber nicht. Im Januar ist auch noch Zeit und vielleicht genießen wir mehr die Zeit zu Hause. Immer mehr wird mir bewusst, wie wichtig es ist, inne zu halten. Ihr Lieben, wir sind nur noch am Rennen, nur noch im Aktionimsus. Und wenn wir zu Hause sind, der Kühlschrank halb leer und alle anderen sind auf dieser „coolen Party“ oder mit ihren Kindern auf dem „schönsten Weihnachtsausflug ever“, dann fühlen wir uns unheimlich mies. Lasst uns ertragen, dass „etwas alle wird“. Lasst uns ertragen, dass der Kühlschrank mal leer wird, dass unsere Tage leer werden, unsere Kleidung mal abgetragen wird (die vielen Arbeiter in Bangladesh werden es uns danken) und lasst uns unsere schönen Wohnungen und Häuser genießen. Wir alle haben Überfluss. Wir alle haben Massen an Spielzeug, massenhaft Essen, volle Kleiderschränke, eine Familie… lasst uns das genießen. Wir brauchen eigentlich nicht noch mehr.
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