Die meisten von uns träumen von einem Leben wie in Bullerbü. Die Autorin von “Die Kinder vom Möwenweg” hat versucht, dieses zauberhafte Bullerbü Leben in unsere Realität zu bringen. Mit ziemlich viel Erfolg, meiner Meinung nach. (Buchtipp am Rande!) Man kann demnach auch im HEUTE eine Art Bullerbü-Leben führen und ich behaupte: Das geht auch in der Großstadt.
Slow Family zu leben bedeutet nicht unbedingt, dass es ein Leben auf dem Dorf und ohne Termine sein muss. Sondern, es ist eine innere Haltung, ein Lebensstil. Wir müssen wegkommen, vom klingelnden Handy und hin zu unserem eigenen Herzschlag. Weg von den übervollen Einkaufsstraßen und mit nackten Füßen auf die Wiese. Weniger Facebook, mehr Realität.
Slow family bedeutet, sich weniger zu hetzen. Weniger ist mehr. Damit schaffen wir mehr Raum und Ruhe für uns und unsere Beziehungen. Wir können unsere Träume besser verwirklichen und entscheiden, was wirklich wichtig ist. Wir treffen achtsamere Entscheidungen und leben entspannter. Jeder Tag ist machbar in unserem eigenen Tempo.
Slow family findet zu Hause statt, in der Natur und in der Stadt. Bei allem was wir tun, müssen wir uns entscheiden. Wir können nicht an zwei Orten gleichzeitig sein und unsere Ressourcen sind begrenzt. Wir können nicht weiter arbeiten, kaufen und leben wie bisher und gleichzeitig eine entspannte, glückliche Bullerbü Familie haben. Fakt. Wir können auch aufhören, uns mit diesem “Quality Time” Gedöns zu belügen. Dieser Begriff impliziert lediglich, dass wir den Effizienzkult der Firmen auf unser Privatleben übertragen. Es ist schlichtweg nicht möglich, in knappe Zeitspannen all das Gute hineinzupacken, was wir unseren Kindern geben wollen. “Genug Zeit füreinander zu Haben ist ein ebenso wichtiger Bestandteil unseres Wohlstands wie das Einkommen”, so sagt es die US-amerikanische Soziologieprofessorin Arlie Russell Hochschild. “Zeitwohlstand” ist das Wort, das wir suchen. Und ja, es ist eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss. Familie “slow” zu leben, ist in der Großstadt mit allen Möglichkeiten und all dem Terminstress und der Hektik und Schnelligkeit sicherlich um einiges schwieriger als auf dem Dorf, wo man allein schon gezwungen ist, 30min lang auf einen Bus zu warten. Slow zu leben eröffnet eine Welt, in der man sich entscheidet, entspannt vom High-Speed Leben Abstand zu nehmen.
Slow family kann man in der Großstadt leben, ja. Wichtig ist hier, sich ein paar Grundpfeiler zu stecken.
1.Eine Aktivität am Tag ist ausreichend. Und ja, dazu gehört auch der Ausflug in den Zoo. Für ein Kleinkind ist das sehr viel Input und für eine Mutter auch mit viel Nerven verbunden. Wer danach noch einen Zahnarzttermin und abends einen Besuch einplant, der bekommt schon wieder Terminstress und wenn das Kind keine Lust hat, wird es gezerrt und vielleicht gibt es Tränen und Geschrei und am Ende ist keiner glücklich. REDUZIEREN ist die einzige Lösung. Mit 3 Kindern ist das nochmal eine ganz andere Herausforderung.
2. Kein Kind muss ALLES an Förderung mitgemacht haben! Ehrlich, die meisten Kurse sind nur dazu da, das die Mütter beschäftigt sind. Euer kleines Kind braucht Sand und mal ein anderes Baby zum Anschauen und Klanghölzer oder auch einfach nur Töpfe. Wenn sie älter werden, schaut auf ihre Wünsche, versucht sie in dem zu fördern, in dem sie gut sind und Freude haben. 2-3 Aktivitäten pro Woche sind eigentlich wissenschaftlich erwiesen, die absolute Höchstzahl, um mal eine Zahl zu nennen.
3. Dein Kind braucht ZEIT zum Langweilen und freien Spiel. Langeweile findest du doof? Kann schon sein, aber ohne Langeweile und den Kick, wenn man sich etwas überlegt hat, wird man sein Leben lang nicht in der Lage sein, Leerzeiten gesund auszugleichen. Diese “Kick” setzt Glückshormone frei, an die man sich sein Leben lang erinnert, so haben es Studien erwiesen.
4. Mitten in der Stadt gibt es nur einen vorgefertigten Park? Dann ab in den Wald! Regelmäßig in den Wald fahren, dort 1h spazieren gehen, Pilze suchen, Pflanzen entdecken und den Specht hören tut JEDEM gut. Nicht umsonst gibt es den neuen Trend aus Japan, namens “Waldbaden”. Im Wald kann man Spuren suchen oder heraus finden, wo die Mäuse wohnen. Man kann Buden bauen oder Vogelstimmen erraten.
5. Eure finanziellen Resourcen müssen stimmen. Es ist wichtig, dass man seine Rechnungen bezahlen kann und die meisten brauchen auch ein kleines “Sicherheitspolster”. Eine Wohnung oder ein Haus, in dem man als Familie gut leben kann, macht glücklich. ABER: Geld und Wohlstand sind ein Wert, der weiter hinten an stehen sollte, als Zeit mit der Familie. Wer als Workaholic schuftet und seine Familie nie sieht, der wird nicht glücklich werden. Da unser Ziel “slow family” heißt, bedeutet das: So viel Geld verdienen, dass wir gut leben können. Aber neben finanziellen Ressourcen brauchen wir auch Schlaf, Sonne, Freiheit, Humor…
6. Gemeinschaft ist wichtig und kann auch in der Stadt gelebt werden. Sich ein Netz zu schaffen, an lieben Menschen, die sich mit um die Kinder kümmern, schafft so viel Entlastung. Großeltern, Nachbarn, Freunde… “es braucht ein Dorf, um Kinder zu erziehen…” ist dieser oft gewählte Satz. Doch der kann auch für die Großstadt gelten. Schaff dir dein eigenes Dorf in deinem Umfeld. Hol dir Hilfe und Rat und Liebe.
7. Gemeinsam die Natur entdecken, geht auch in der Großstadt mit Stockbrot und Feuer. Wenn man keinen eigenen Garten hat, kann man sich bei einem Fest anschließen oder einen Grillplatz im Park mieten. Beim Stockbrot gilt nur eines: Den Teig nicht zu dick auf den Stock rollen.
Ihr Lieben, slow family lebt man nicht von heute auf Morgen komplett. Das Gute ist, dass man einfach irgendwo anfangen kann. Wichtig ist auch zu sehen: Ohne Hilfe von Außen ist es kaum möglich. Vielleicht fangen wir selbst an, Hilfe anzubieten? Vielleicht kann man der frisch gebackenen Mama die Wäsche waschen oder man schafft es, dass man auf ein Auto verzichten kann? Vielleicht fangt ihr damit an, die Wurst auf dem Bauernhof zu kaufen oder einfach nicht das zigtausendste Top vom Billigladen um die Ecke.
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