Ganz ehrlich? Ich bin nicht in Weihnachtsstimmung. Und ja, ich weiß, Jesus ist trotzdem geboren, es hängt nicht von meiner Stimmung ab. Und ja, ich weiß, glücklicherweise wird es auch ohne die richtige Stimmung inneren Frieden durch ihn geben und auch Gans und Geschenke, denn die sind auch ohne Weihnachtsstimmung besorgt.
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Und ich weiß: Manchmal kommt die Weihnachtsstimmung noch, wenn man so richtig drin steckt im Weihnachtsgeschehen. Glücklicherweise feiern wir auch immer erst am 25.12. richtig. Bei uns kommt der Weihnachtsmann erst in der Nacht auf den 25. zu uns und dann packen wir morgens im Pyjama die Geschenke aus. Andere kaufen sich neue Festkleider für den 24. (das mache ich auch), aber bei uns gibt es traditionell vor allem inzwischen neue Pyjamas für alle. Ich weiß, ich bin damit ein amerikanisches Kapitalismus-Opfer geworden.
Ursprünglich entstand diese neue Familientradition daher, dass ich am 24. als angehende Pastorin immer arbeiten musste und der Arbeitsstress so hoch war, dass ich einen ruhigen, besinnlichen Abend brauchte. Doch tatsächlich ist diese Verlängerung der Bescherungszeit so wunderschön für alle, dass wir sie beibehalten haben. Obwohl ich inzwischen seit 12 Jahren einen anderen Mann in meinem Leben habe und gar keine Pastorin mehr bin.
Und so kommt es, dass ich jedes Jahr mit ziemlich unweihnachtlicher Stimmung in der Kirche sitze und mit 1500 anderen Menschen meiner Tochter beim Krippenspiel zusehe. Und während ich im Gottesdienst bin und „Stille Nacht, heilige Nacht“ singe, löst sich bei mir der Druck und das Glitzern des geschmückten Weihnachtsbaums, die volle Kirche, die vielen klaren singenden Stimmen berühren mein Herz. „Und jetzt“, so spüre ich, „ist Weihnachten“.
Weihnachtsgefühle kommen nicht durch den Massenansturm am Weihnachtsmarkt (obwohl der natürlich super ist), nicht durch die ganzen Chorauftritte (die auf jeden Fall wunderbar sind!) oder den hässlichen Weihnachtspulli, die neue Frisur oder die frisch geputzten Schuhe. Weihnachten als kapitalistisches Fest, als wochenlanges gehetztes Vorbereiten, kaufen, backen, feiern und planen ist nicht das, was mich glücklich macht, was mich erfüllt und mir diesen Frieden und die Besinnlichkeit schenkt, die ich mir so sehr wünsche.
Sicherlich, es ist für mich mit drei Kindern unabänderlich, dass ich gewissermaßen Teil dieses Systems finde und ich mag Geschenke bekommen und verschenken auch wirklich gern, aber ich lerne, den Anspruch an meine Weihnachtsstimmung und an Weihnachten an sich fallen zu lassen und es gut sein zu lassen.
Ich muss gar nichts. Die Fenster müssen nicht geputzt sein. Die Geschenke müssen nicht perfekt sein. Das Haus muss nicht komplett aufgeräumt sein. Weihnachten ist, auch wenn ich nicht darauf vorbereitet bin. Weihnachten ist, auch wenn ich es noch nicht fühle. Ich kann Weihnachten sein lassen. So wie es ist. Weihnachten ist. Mit leuchtenden Kinderaugen und vollen Mägen. Ich darf es erleben. In Frieden. Was für ein Geschenk.