Heute ist Weltfrauentag.
Nach zwei Jahren Pandemie ist es an der Zeit, dass wir laut werden. Vielleicht fehlt dazu schon die Kraft, aber wir müssen den Fakten in die Augen sehen.
Das Hamsterrad der Frauen
AXA hat eine Studie veröffentlicht, in der sie die psychischen Folgen der Pandemie international untersucht haben. Zahl und Ausmaß der mentalen Folgeerkrankungen steigen dramatisch. “Frauen leiden in der Pandemie intensiver unter psychischen Folgeproblemen als Männer, Mütter wiederum stärker als Frauen ohne Kinder. Das Stresslevel steigt weiter, wenn Familien und insbesondere Mütter ohne unterstützende Kinderbetreuung auskommen müssen.“ Damit habe sich die Situation der Frauen in der Pandemie im Vergleich zur Vorgängeruntersuchung weiter verschärft. Jede achte Frau gab an, nie Zeit für regenerierende Pausen zu haben. 47% der Frauen sagten, dass sie selten bis nie die Möglichkeit haben, ihren Akku wieder aufzuladen.
Dazu kommt, dass Frauen nach einer Teilzeitstelle eine geringe Rente erwartet und falls ihnen eine Trennung geschehen sollte, sind sie aufgrund der vorherigen Aufgabenteilung auch noch alleinerziehend mit Kind(ern) und damit auf dem sozialen Abstellgleis.
Die ungesehene Care-Arbeit
Frauen leisten einen Mehrteil der ungesehenen Care-Arbeit. Sie arbeiten oft in Teilzeit und fühlen sich dadurch zerrissen. Auf Arbeit können sie nicht alles geben, bekommen nicht genug Anerkennung und Karriere bleibt (leider immer noch!) bei 20 Stunden Woche auch aus. Zu Hause meistern sie dann den Haushalt und die Kinder und können aufgrund dieser innerfamiliären Aufgabenteilung nicht abends 19 Uhr den Stift fallen lassen und sich ausruhen. Dazu tragen sie den Großteil des Mental Load, der unsichtbaren Gedankenarbeit. Wenn der Mann abends den Kindern mal etwas vorliest oder das Haus saugt und damit der Frau hilft, ist damit keinesfalls ansatzweise geholfen.
Dazu kommt, dass Frauen nach einer Teilzeitstelle eine geringe Rente erwartet und falls ihnen eine Trennung geschehen sollte, sind sie aufgrund der vorherigen Aufgabenteilung auch noch alleinerziehend mit Kind(ern) und damit auf dem sozialen Abstellgleis.
Umfragen haben ergeben, dass Frauen in einigen, herkömmlichen Berufen immer noch 25% weniger verdienen als die Männer.
Wir brauchen einen strukturellen Wandel. Achtsamkeitsübungen und Resilienz helfen nicht, wenn es schon zu spät ist und der Stress einem schon über den Kopf gewachsen ist. In so einem Fall kann es helfen, den Stress wieder häppchenweise abzutragen. Einen Film mit Kindern schauen. Ein Ausflug in den Wald. Und es braucht die Männer. Wenn diese zulassen, dass ihre Kinder im Homeoffice mal neben ihrem Schreibtisch stehen, dann wird es auch für die Kunden normaler, diese Bilder zu sehen. Wenn Männer sich darauf einlassen, sich mit der Verteilung des Mental Load beschäftigen, kann gleichberechtigte Arbeitsweise auch in der Carearbeit entstehen.
Ein Appell an die Politik
Außerdem ist die Politik gefragt: Ganztagsbetreuung für alle, die das in Anspruch nehmen wollen. Die Möglichkeit, 30 Stunden zu arbeiten, auch für Männer, und dabei trotzdem Karriere machen zu können. Die Steuerbenachteiligung von Alleinerziehenden muss dringend angegangen werden. Die Anerkennung von Kindern, Elternzeit und auch der Betreuung von Kindern als etwas ganz Normales!
Die Studie der Axa hat ergeben, dass nur in Deutschland die Frauen sich so sehr gestresst fühlen. Unsere Nachbarländer bekommen das besser hin. Vielleicht auch, weil unser Mütterbild völlig veraltet ist und wir unglaublich viele Glaubenssätze im Kopf haben, wie eine Mutter zu sein hat? Zum Beispiel, dass Haushalt und Kinderbetreuung vor allem Frauensache ist? Allerdings kommen diese Glaubenssätze noch aus unserer Großelterngeneration und diese haben es aus der Nazizeit. Wir brauchen eine Revolution! Die aktuellen Preise, die Inflation machen eine Revolution in der Arbeitswelt nicht leichter. Dazu die Belastung der Pandemie und dazu die Verantwortung, Homeschooling und Homeoffice unter einen Hut zu bekommen, haben viele Frauen an den Rand ihrer Belastbarkeit gebracht.
Ich wünsche mir, dass meine Mädchen in einer gleichberechtigteren Welt leben werden. Ich lebe es ihnen gemeinsam mit meinem Mann vor. Und bin ihnen dadurch ein Vorbild. Feminismus ist nie eine Wahl gewesen. Feminismus hat uns überhaupt bis zum Frauenwahlrecht gebracht. Feminismus muss bis in die letzten Köpfe sickern.