Im November letzten Jahres habe ich nach über vier Jahren Elternzeit wieder angefangen zu arbeiten. Ich wusste, dass sich mein Leben nun einmal mehr verändern würde. Aber ich war nicht darauf vorbereitet, wie schwer mir diese Veränderung fallen würde…
So sah mein perfekter Plan aus: In Teilzeit vier Tage pro Woche von 9-14 Uhr als Angestellte arbeiten, danach Sport, Haushalt und andere To-Dos erledigen. Schließlich 16.00 Uhr die Kids aus der Kita abholen und den Rest des Tages Zeit mit Ihnen verbringen. An meinem freien Arbeitstag alle Aufgaben als Selbstständige erledigen. Eine wunderbare Balance zwischen Arbeit, Haushalt, Hobby und Familie ergibt eine ausgeglichene und entspannte Ehefrau und Mama.
Realer Alltagswahnsinn
Und so sieht die Realität aus: Durch Überstunden, Arbeitstermine und Dienstreisen verschiebt sich mein sorgfältig ausgearbeiteter Zeitplan ständig. Haushaltsaufgaben dauern immer länger als geplant und die Wäsche stapelt sich. Als Freiberuflerin fallen – zu meiner Freude und meinem Leid – gerade mehr Aufgaben an, als ich an einem Tag pro Woche bewältigen kann. Ein Artikel hier, eine Buchpromotion da, eine Rezension hier, eine dringende E-Mail da – die Liste nimmt kein Ende. Manchmal arbeite ich bis weit in die Nacht, um ein paar Stunden später wieder mehr oder weniger wach aufzustehen. Für Hobbys oder Me-Time bleibt aktuell fast gar keine Zeit und Energie. Wenn überhaupt, schaffe ich eine Runde Netflix auf dem Sofa, bevor ich todmüde ins Bett falle. Sobald mein Kopf jedoch das Kissen berührt, bin ich wieder hellwach und denke über alle noch zu erledigenden Aufgaben nach.
Zwischen Freiberufler-Wunsch und sicherem Angestelltenverhältnis
Natürlich war mir klar, dass die Rückkehr ins Arbeitsleben nach 4 ½ Jahren Elternzeit eine Veränderung wird. Doch da ich fast die ganze Zeit parallel zur Kinderbetreuung freiberuflich gearbeitet habe, war ich nicht auf eine so krasse Umstellung vorbereitet. Die größte Hürde für mich ist die geringere zeitliche Flexibilität. Während ich mir mit einem Baby und Kleinkind zu Hause meine Zeit relativ frei einteilen und arbeiten konnte, wann ich wollte, bin ich nun als Angestellte an Kernarbeitszeiten und Meeting-Termine gebunden. Zudem kann ich mir auch nicht mehr unbedingt aussuchen, wann ich welche Arbeitsaufgaben erledige oder wonach mir gerade der Sinn steht. Ich habe schon vor der Elternzeit immer angestellt gearbeitet und hatte bisher kein Problem damit. Erst jetzt merke ich, dass in mir vielleicht doch stärker der Drang nach einem relativ ungebundenen Freiberufler-Leben steckt, als ich dachte. Oder es braucht einfach noch ein bisschen mehr Zeit, bis ich mich an die neuen Alltags-Routinen gewöhnt habe.
Ich bin ständig genervt, gestresst und gereizt. Und erfüllt!
Da ich gerade mehr zu tun habe, als der Tag Stunden hat, kümmert sich mein Mann oft um die Kids oder bringt sie abends ins Bett – gemeinsame Familienzeit Fehlanzeige. Und wenn doch, dann bin ich innerlich angesichts der überwältigend langen To-Do-Liste so unruhig, dass ich die Zeit nicht genießen kann. Ich bin ständig genervt, gestresst und gereizt, was sich im Umgang mit meinen Kids zeigt. Als meine Tochter neulich sagte: „Mama, du arbeitest ja schon wieder. Du hast gar keine Zeit mehr für uns.“, brach es mein Herz. Ich wollte nie eine dieser arbeitssüchtigen Mütter werden, die selbst nach Feierabend mehr Zeit am Schreibtisch als auf dem Spielteppich im Kinderzimmer verbringen. Gleichzeitig bringen mir meine Arbeitsaufgaben manchmal mehr Freude und Erfüllung, als zum zehnten Mal Lotti Karotti oder Puppen-Krankenhaus zu spielen.
Wie findet man die Balance zwischen Arbeit, Haushalt, Ehe, Kindern, Freunden, Hobbys, Erholung, Sport und all den anderen Dingen, die man im Leben so haben könnte? Woher nimmt man die Energie, all das unter einen Hut zu bekommen? Geht das überhaupt?
Oder stimmt es, was der österreichische Schriftsteller Ernst Ferstl sagt: „Die Kunst eines erfüllten Lebens ist die Kunst des Lassens: Zulassen, Weglassen, Loslassen.“ Gar nicht so einfach.
Ich balanciere jedenfalls aktuell nicht besonders erfolgreich auf meinem Lebensdrahtseil. Aber vielleicht ist das ok. Vielleicht muss ich einfach nur weiterstolpern und irgendwann finde ich wieder Halt und sicheren Tritt, wenn sich alles einspielt. Nur, damit dann ein unvorhergesehenes Ereignis wieder alles durcheinander bringt – c’est la vie.
Habt ihr Tipps, wie ihr eure innere und äußere Balance im Alltag findet?
Foto by Tatiana Syrikova pexels.com
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