Alltagsdinge
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Scheiß auf Visionboards und mein ganz schön volles Leben

 

2020, noch bevor Corona uns bekannt war, hatte ich entschieden, mich selbstständig zu machen. Es folgten außergewöhnliche Jahre, die mir normales Arbeiten nicht möglich machten. Ich wusste nicht, wie die Abläufe in der Branche waren und auch nicht, wie viel Zeit ich für welche Arbeiten einplanen muss. Ich nahm zu viel an, aber ich wollte mir auch gern einen Platz verschaffen in der Arbeitswelt.

 


Ich war Quereinsteigerin. Ich wusste weder, wie man eine Reportage schreibt, noch hatte ich Routinen in Abläufen. Ständig war ich in Sorge, etwas vergessen zu haben, jemandem nicht Bescheid gesagt zu haben oder noch schlimmer, jemanden falsch zitiert zu haben. Aber die Branche bringt nicht genug Geld, um alles ausreichend prüfen zu können oder um sich auf eine einzelne Aufgabe konzentrieren zu können. Noch dazu wird seit 2020 überall gekürzt, die Druckpreise sind in abnormale Höhen gestiegen und zwischendurch wusste niemand, ob es die Branche überhaupt schaffen wird.

Dieses Jahr war mein erstes, normales Arbeitsjahr und ich hatte viel zu viel liegen gebliebene Arbeit auf meinem Schreibtisch. Es gab viele Zeiten, in denen ich keine gute Balance mehr fand und in denen ich zu viele Nachtschichten einlegen musste. Es war hektisch und stressig und die ständige Selbstoptimierung machte mich nicht glücklich.

Das neue Jahr leuchtet nun schon am Horizont und ich kann neue Ziele setzen, mir neue Arbeitsroutinen zulegen. Die letzten 2 Bücher sind in ihren Endzügen für dieses Jahr. Ich habe bisher keinen neuen Buchvertrag unterschrieben, was vor allem am Zeitmangel liegt, die Exposés neu auszuarbeiten, die Ideen weiter auszuspinnen. Aber das ist gut, denn ich habe dadurch die Möglichkeit, mir neu zu überlegen, wie ich leben und wie ich arbeiten möchte.

Ich habe neue feste, freie Auftraggeber und werde dadurch im kommenden Jahr mehr abwägen können, was ich mir zusätzlich auf den Tisch packen möchte. Die Zahl 38 leuchtet mir im Januar entgegen. Es gibt so viel für was ich dankbar bin in diesem Leben. Meine Kinder. Meinen Beruf. Meine Freiheit, die ich mir im vergangenen Jahrzehnt erkämpft habe und meine Heilungsreise, die mich viele Tränen gekostet hat. Es gibt auch noch so viel, was ich gern noch machen möchte in meinem Leben.

Einige Fernreisen, aber auch eine Weiterbildung als Sexualtherapeutin. Vielleicht sogar eine Promotion. Und ein Ferienhaus in Schweden. Ich wünsche mir auch ein ausgeglicheneres Leben mit mehr Freizeit. Und ich weiß, ich werde das nicht alles im kommenden Jahr umsetzen können. Ich kann nur an paar Stellschrauben drehen. Indem ich zum Beispiel Zeiten im Kalender blocke, in denen ich Freunde treffe oder mit meinem Mann auf dem Sofa sitze. Und indem ich meine Masterarbeit schreibe und mich für eine Promotion bewerbe.

Das Leben, unser Leben ist vulnerabel. Unseren Körper, die Seele unserer Kinder und unser Herz müssen wir um jeden Preis beschützen und uns immer wieder vor Augen halten, wie kostbar diese Dinge sind und das niemand von uns weiß, was morgen sein wird.

2024 steht schon in den Startlöchern. Vielleicht seid ihr genauso müde wie ich. Vielleicht habt ihr genauso wenig Lust auf Visionboards wie ich. Vielleicht seid ihr genauso erschöpft von „höher, schneller, weiter“ und sehnt euch nach mehr Qualität und weniger und einem achtsameren Leben. Dann ist 2024 deine Chance. Ich bin dabei.

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