Elternzeit, Familie
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Post vom kleinen Glück

Gestern fand ich auf meinem Kopfkissen Post für mich und mit dem Brief bekam ich umgehend Pipi in den Augen. Mein Brief bestand aus einem handgemalten Bild auf der Vorderseite, einer zauberhaften Nachricht auf der Rückseite und kam von meiner jüngsten Tochter.

So sehr ich Kinderpost auch schätze bringt sie mich nicht gleich aus der Fassung. Aber hierbei handelte es sich um eine Danksagung und die ging mir direkt durchs Herz in die Augen. Das Mädchen hatte zur Erstkommunion eine kleine Reise von uns geschenkt bekommen, nur sie und ich und die Schlösser im Allgäu.

Ich hatte ein Zimmer in einer kleinen Pension mit Aussicht gebucht, Tickets für das berühmteste aller Schlösser und war überhaupt sehr gut vorbereitet. Als wir fuhren regnete es sintflutartig und ich wäre nervenschonender mit der Arche Noah in den Süden der Republik geschwommen. Allein ihrer Laune tat das keinen Abbruch, wir gingen essen und spazierten durch den Regen zu Schloss Hohenschwangau, das etwas bescheidenere Elternhaus des Märchenkönigs.

Am nächsten Morgen klarte der Himmel auf und als ordentliche Touristen bestiegen wir umgehend eine Pferdekutsche und fuhren hinauf zum wahrgewordenen Märchentraum. Wir ließen uns führen und erklären, bestaunten die Aussicht und die vielen Menschen aus aller Herren Länder. Hinterher waren wir ganz erschlagen von so viel Größenwahn und Pracht und unterhielten uns lange über den Makel der Perfektion. Das Mädchen fasste sich ein Herz und meinte: „Mir hat das andere Schloss besser gefallen. Hier wird einem kalt, es ist nur perfekt, aber nicht echt!“

Ich teilte ihr Gefühl, der steingewordene Irrwitz löste auch bei mir Beklommenheit aus. Am Abend dann packten wir unseren Rucksack mit Zitronenlimo und Brezeln, mit Käse vom Bauern und irgendwas mit Bärlauch, liefen zum nahegelegenen Alpsee und suchten uns am Ufer ein geschütztes Plätzchen. Alle Touristen waren längst wieder in ihre Autos und Reisebusse gestiegen oder saßen in einem der Restaurants zum Essen. Wir beobachteten das wilde Wolkenspiel am Himmel, die Farben des Wassers und die dramatische Kulisse der Berge mit den auf Felsen gebauten Schlössern. Ein paar Enten und Schwäne leisteten uns Gesellschaft beim Picknick. Spektakulär unspektakulär. Auf dem Rückweg liefen wir durch endlose grüne Wiesen, auf denen scheinbar aus dem Nichts heraus ein Ozean aus gelbem Löwenzahn explodiert war. Das kannst du nicht buchen und auch in keinen Warenkorb legen.

Was glaubst du hatte mein Mädchen mir auf die Vorderseite ihres Dankesbriefs gemalt? Genau. Unser Abendessen am See! Keine Pferdekutsche, kein Prachtschloss und auch nicht den Schnitzelteller im Brauhaus. Das hat mich so sehr gerührt. An diesem Abend war uns beiden ein kleines Stückchen Glück behutsam in die Hände gelegt worden und sie hat es als solches erkannt. Das kleine Stück vom Glück ist immer ein Geschenk. Ich fürchte man kann es nicht erzwingen, egal wie hoch und prächtig wir bauen, wieviel wir planen und buchen und wieviel wir bereit sind dafür auszugeben. Das kleine Glück ist spektakulär unspektakulär, du bewahrst es in der Schatzkiste deines Herzens auf. Das wünsche ich meinem kleinen Mädchen und dir und mir. Das wir immer rechtzeitig die Hände öffnen, wenn es uns hineingelegt werden will.

 

 

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