Ich sitze am offenen Fenster an einem alten Holztisch, trinke lauwarmen Kaffee und starre in die Lavendelbüsche, die der belgische Vermieter vor sein französisches Ferienhaus gepflanzt hat. Könnte es denn noch idyllischer sein?
Es könnte, wenn mein Kopf sich nicht die ganze Zeit um schwere Gedanken kreisen würde, die mir auch im Urlaub keine Ruhe lassen.
Trennungen im Freundeskreis, Herausforderungen in der erweiterten Familie, meine aktuellen Buchprojekte und viel zu viele Deadlines und eine endlos lange To-do Liste, auf die ich nicht mal einen Blick werfen möchte.
Die Pandemie hat mich gelehrt, im Moment zu leben und keine weit vorausschauenden Pläne zu machen. Sie hat mir gezeigt, dass ich das Heute leben und all das kleine Glück genießen kann. Und das tue ich und genau das rettet mich durch die Stürme des Lebens, die in großen Krisen weltweit und in kleinen Krisen in meinem Umfeld sich anstauen und die ich nicht mehr gut verarbeiten kann. Weil es schlichtweg zu viele sind.
Normalerweise tanke ich auf im Urlaub. Ich lese. Ich pumpe Wissen, gutes Essen, Ruhe und Frieden in meine Adern und bin danach so aufgefüllt, dass ich wieder geben kann. Das ist dieses Jahr nicht so. Ich bin genauso leer oder voll wie vorher und meine Deadlines und Abgaben lassen mich vor Schreck wie ein Reh auf der Straße stehen bleiben, wenn es das heranrollende Auto kommen sieh…