Meine Traumschule haben wir gefunden.
Ein Segen, dass es so etwas gibt. Am Stadtrand von Leipzig gelegen, ein altes DDR Schulgebäude, dass nach alten Zeiten riecht. An den Wänden hängen Schulfotos von 1970 und eine alte Schulglocke erinnert daran, wie lange es diese Schule schon gibt. Um das alte Haus ranken Efeublätter und wenn man um das Haus herum geht, findet man einen riesigen Schulhof mit Klettergerüsten, Trampolin, einem Fußballfeld und links davon einen Wald. Ja. Diese Schule besitzt einen Wald. Und das Beste: Die Kinder dürfen in diesem Wald frei spielen. Natürlich ist der irgendwann zu Ende und eingezäunt, aber er ist so groß, dass man das Ende gar nicht sehen kann. Die Kinder dürfen Buden bauen und sich in der Zeit verlieren. Denn in dieser Schule gibt es kaum Hausaufgaben. Wenn es welche gibt, dann werden die auf Dauer von ein paar Tagen erledigt. Manche Male werden sie nicht aufgeschrieben, damit die Schüler Eigenständigkeit lernen. Die Kinder dürfen also in der Hortzeit einfach spielen. Es gibt Ganztagsbetreuungsangebote wie töpfern, tanzen, Hockey, basteln… aber auch da ist die Devise: Nicht zu viel, die Kinder sollen spielen dürfen und müssen.
Wie viel freie Zeit brauchen Kinder? Meistens sind unsere Kinder vollauf beschäftigt. Sie sind kleine Erwachsene mit einem eigenen Terminkalender. Schon in der Grundschule. Wir Eltern hetzen uns ab, damit sie anständig gefördert werden und vor allem: Nachmittags spielen schön und gut. Aber mit wem? Alle anderen Kinder sind entweder im Schulhort oder bei ihren Freizeitaktivitäten. Da ich kein großer Fan vom stickigen und lauten Schulhort bin, tendierte ich also eher zu den Freizeitaktivitäten.
Doch wie viel ist dabei zu viel? Gibt es eine pauschale richtige Antwort darauf? Niemand will sein Kind überfordern. Wichtig ist, dass die Kinder Freude an ihren Hobbys haben und dass es vielleicht ein Hobby gibt, was stetig durchgeführt wird. Das ist wichtig, damit die Kinder lernen auch Frustration und Momente von “Null- Bock” auszuhalten. Aber alles andere kann gern wechseln und ausprobiert werden.
Es erfordert sehr viel Organisation und Abstimmung, damit wir das alles unter einen Hut bekommen. Wer fährt wann wohin? Wir haben mehrere Kalender, stimmen uns monatlich, wöchentlich und täglich ab. Es gibt Tage, da läuft es und es gibt Tage, da geht alles schief. Es gibt Tage voller Energie und Tage, die sind ermüdend.
Ich versuche einfach Hobbys auch mal abzusagen, locker zu bleiben und wenn es ein ganz schlechter Tag ist…einfach zu Hause bleiben statt zu den Terminen zu hetzen. Wir haben ruhige Kinder, fröhliche und entspannte Kinder. Aber auch sensible Kinder die viel Ruhezeit brauchen. Die Große braucht Zeiten für sich mit Hörspielen und Büchern. Zeiten in denen sie basteln kann. Wenn sie diese Stunde am Tag hat, ist alles gut. Dann hat sie Kraft. Das habe ich erkannt und das versuchen wir einzuhalten.
Spontane Zeiten sind aber immer noch die besten Zeiten. Sie schreien für mich nach Sommer, nach Erholung… nach Freizeit. Spontan kann die Große nach dem Schulfest mit zu einer Freundin nach Hause. Am nächsten Tag geht Papa spontan mit beiden zu einem Geigenkonzert und spontan Eis essen. Ich muss (weniger spontan) Hausaufgaben für ein Seminar vorbereiten in dieser Zeit. Sie kommen nach Hause und bringen spontan eine Freundin der Großen mit die noch 1 Stunde bei uns spielen kann. Wir gehen zu Geburtstagen, schlafen aus und dadurch wird das Wochenende lang… und frei. Wenig feste Termine. Wunderbar.
Nun jedoch haben wir diese wundervolle Schule. Mit Wald. In der Stadt. Eine Freiluftschule, die projektorientiert lernt und mit ihren Kindern eigene Experimente an der freien Natur entdeckt und durchführt. Natürlich mit Wasser und Boden. Nicht mit den Kindern. Falls das jetzt missverständlich rüberkam 🙂
Ich freue mich, dass unser Kind das erleben darf. Noch einmal Kindheit für 3 Jahre. Bevor das Gymnasium kommt mit all seinen Anforderungen. Noch einmal den Leistungsdruck heraus nehmen und entspannen. Noch einmal einfach Kind sein. Spielen. Eigenständigkeit lernen und Spaß an der Schule haben.
Für Kinder ist es wichtig, dass sie Langeweile kennen und auch mal aushalten, so sagen es Forscher. Nur 1-2 Momente der Langeweile in der Kindheit, prägen einen bis ins Erwachsenenalter. Der Moment, bei dem uns dann etwas zum Spielen einfällt, schüttet so viele Glückshormone aus, dass wir uns immer daran erinnern werden. Sie helfen uns, auch als Erwachsene, allein zurecht zu kommen, uns allein beschäftigen zu können und kreativ unsere öden Alltagsmomente gestalten zu können. Kennt euer Kind Langeweile? Oder sitzt es dann schnell vorm Fernseher?
Habt ihr genug freie Zeit oder ist die ganze Familie nur am Rotieren und kommt kaum zum Luft holen? Dann ist es sicher wichtig, die Notbremse zu ziehen. Auf Dauer kann das nicht gut gehen.