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Gestern

Gestern war es genau 1 Jahr Pandemie. Vor 1 Jahr wurde der erste Lockdown verkündigt. Gestern vor 1 Jahr waren unsere Kinder zum ersten Mal zu Hause. Gestern vor 1 Jahr dachten wir noch, es würde sich nur um vier Wochen handeln. Wir lachten, als wir kein Klopapier kaufen konnten. Wir freuten uns, weil wir genug Hefe zu Hause hatten. Ich war mit Handschuhen einkaufen und shoppte Desinfektionsmittel. Und Bastelkram für die Kinder. Und Bücher, weil die Bibliotheken schlossen.

Früher waren wir jeden Freitag Nachmittag in der Bibliothek. Das war unser Wochenendritual. Das letzte Mal eine Bibliothek betreten habe ich vor 1 Jahr und 2 Wochen. Da habe ich alle Bücher abgegeben. Denn, ich hatte Sorge, wie sich das mit der Verlängerung verhält, wenn die Bibliothek vier Wochen schließen muss.

Gestern vor 1 Jahr las ich einen Mamablog aus Italien und erschauerte angesichts der Horrorszenarien eines Lockdowns. Mit Maske einkaufen? Und Schlange stehen weil immer nur eine bestimmte Anzahl in den Supermarkt darf. Es las sich wie ein Endzeitszenario. Eingesperrt im eigenen Haus. Mit Ausgangssperre. Unvorstellbar.

Und nun, haben wir uns beinah daran gewöhnt. Haben es akzeptiert. Stehen eine Stunde lang Schlange vor einem neu eröffneten Donut Laden, weil dies das einzige Highlight ist, dass man weit und breit erkennen kann und weil es etwas Normalität verspricht. Wir lachen immer noch draußen mit fremden Menschen. Unterhalten uns. Durch Masken, aber immerhin. Wir halten uns an Abstände, aber kaum einer benutzt die Desinfektionsständer.

Was mich freut, ist, dass wir Menschen so resilient sind. Das wir zwar ein Jahr später keinen Hoffungsstreifen sehen, aber wir nicht aufgehört haben zu hinterfragen, zu denken, zu meckern, zu fühlen. Wir träumen alle von Sommer, Unbeschwertheit und Feiern. Und genau dieses Fühlen zeigt mir, dass wir nicht verloren sind. Wir haben uns nicht verloren. Wir leben noch. Wir atmen noch und unsere Seelen schreien.

Wir wollen uns nicht einrichten in einer Corona-Welt. Und trotzdem geschieht es. Ganz langsam, vielleicht auch, ohne dass wir es merken. Ich schwanke zwischen unerschütterlichem Optimismus und Weltuntergangsstimmung. Ich denke oft an meine Großeltern, die Kriegszeiten und DDR Repressalien überstanden haben. Ich denke an ihre unerschütterliche Liebe zueinander und in das Leben und ihren fortwährenden Mut. Was würden meine Großmütter heute sagen und tun? Ihr Geist, ihre Stärke und ihre mentale Kraft liegen irgendwo in mir verborgen. Und ich weiß nur eins: Ich will und werde aus dieser Krise hervor gehen. Sie soll mich nicht zu Boden ringen, sondern mich stark machen. Ich will sie nicht gut finden und will auch keine großartigen Dinge in ihr lernen, aber ich will mit einem Lachen auf den Lippen durch dieses Leben gehen.

Mein Leben ist jetzt. Heute. In einer Pandemie. Wir leben heute. Und ich will daraus das Beste machen.

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