Website-Icon Mamalismus

Nicht gemacht für die Kleinstkindzeit

„Wow, noch fast ein Jahr Elternzeit, das ist doch herrlich, das musst du doch total genießen!“ Da war er wieder, dieser Satz von einer anderen Mama, der mir in letzter Zeit immer öfter ein schlechtes Gewissen verursachte. Wieder fragte ich mich, was stimmt nicht mit mir? Ja, ich habe noch fast ein Jahr Elternzeit. Ja, mein Sohn geht dann erst mit über 2 Jahren in die Kita. Ja, ich habe mir das so ausgesucht und bin mir bewusst, dass es Luxus ist, sich so etwas leisten zu können. Und dennoch: Nein, ich würde es höchstwahrscheinlich nicht wieder so machen. Nein, ich habe keine Lust mehr auf meine Elternzeit. Und nein, ich kann es nicht immer nur genießen.

Ich bin dafür nicht gemacht

Ich bin jetzt seit 3,5 Jahren zu Hause, erst mit einem Kind, dann mit zweien. Im Moment ist unser Jüngster in der Phase irgendwo zwischen nicht mehr Baby und noch nicht selbstständiges Kleinkind. Kleinstkindphase nennt man diese Zeit zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr. Er spielt gerade nicht gut allein, will immer mehr, als er eigentlich schon kann – und wenn wir ehrlich sind, sind Spiele mit einem 1,5jährigen zwar niedlich aber auf Dauer nicht gerade die spannendsten.
Noch während ich diesen Text schreibe, fühle ich mich schlecht. Es ist Jammern auf hohem Niveau. Und gerade begegnen mir so viele Mütter, die in der Baby- und Kleinkindphase voll aufzugehen scheinen. Ich habe das Gefühl, dafür nicht gemacht zu sein. Neugeboren war schön und ab 2,5 Jahren wurde es bei meiner Tochter wieder gut – dazwischen bin ich ein bisschen verloren. Gibt es noch mehr Mütter hier, denen es so geht?

Natürlich gibt es auch diese hellen Momente, voller Kinderlachen und Freude. Diese sauge ich auf und halte mich an ihnen fest. Wenn ich abends meine Kinder ins Bett bringe nach einem langen, manchmal hektischen, manchmal herausfordernden und oft auch freudvollen Tag, dann denke ich häufig über diese besondere Art von Liebe nach, die man scheinbar nur für seine Kinder hat: Keine andere Wesen auf dieser Welt rauben mir so sehr den letzten Nerv, kosten mich soviel Energie und strapazieren mich so oft bis über meine Grenzen – und erfüllen mich gleichzeitig mit soviel Stolz, Freude und Dankbarkeit, werden so unendlich und bedingungslos von mir geliebt. Ein Leben ohne meine Kinder ist für mich nicht mehr vorstellbar.

Sehnsucht nach dem alten Leben

Doch in letzter Zeit merke ich verstärkt die Sehnsucht danach, auch wieder etwas anderes im Leben zu sein als Mutter. Ich ertappe mich dabei, wie ich mich manchmal nach dem „alten“ Leben vor den Kindern sehne, voller spontaner Reisen, unverplanter Tage, ausgeschlafener Morgen, Autofahrten für mich allein…hach. Ich möchte wieder arbeiten gehen, mich mit Erwachsenen über etwas anderes als Kita-Essenspreise, Windeln und Kinderwägen unterhalten, meinen Kopf anstrengen und mal für ein paar Stunden raus aus der Mama-Rolle und rein in eine andere schlüpfen. Aber geht das überhaupt? Legt man die Mama-Rolle jemals, wenn auch nur temporär, ab?

Vor ein paar Tagen, als es besonders anstrengend war, fragte ich die Kita-Leiterin meiner Tochter ein bisschen verzweifelt, ob nicht doch noch ein Plätzchen für den Kleinen in der Krippe frei ist. Leider nicht. Also heißt es durchhalten. So drehe ich weiter Tag für Tag meine Spaziergehrunden mit dem Kinderwagen, staple Bauklötze, halte Wutanfälle aus, und warte darauf, dass die anstrengende Phase (bei mir) vorbei ist und mein Sohn größer wird. Vom Kleinstkind zum Kleinkind. Und habe gleichzeitig ein bisschen Angst vor den neuen Herausforderungen, die dann folgen und mich das Hier & Heute manchmal vermissen lassen.

 

 

Fotos: pexels.com

Die mobile Version verlassen