Website-Icon Mamalismus

Entspannt euch, Mamas!

Lisa-Maria lebt mit Mann und zwei Kindern in Chemnitz. Sie ist Psychologin, Familientherapeutin und Journalistin. Nebenbei gibt sie auch gern Nachhilfe. Sie liebt eine gute Balance zwischen Familienzeit und Auszeit für sich selbst, Zeit zum Schreiben, Musik machen, Lesen, Nähen, Städtetrips und das Kaufen von Second Hand Kleidung.

 

Es war mal wieder einer dieser Chaos-Tage: Unser Sohn hatte den ganzen Tag gequengelt, ich selbst hatte viel zu wenig Schlaf bekommen und war deshalb ähnlich grummelig wie Junior. Kein einziges Vorhaben, das auf meiner To-Do-Liste stand, gelang mir. Und auch im Haushalt schaffte ich nichts, da ich den ganzen Tag ein kleines Menschlein auf meinem Arm mit mir herumtrug. Meine Laune sank entsprechend über den Tag immer mehr.

Miesgelaunte Mama

Als ich abends meiner Tochter vor dem Schlafengehen noch eine Geschichte vorlas, saß ich völlig entnervt in ihrem Zimmer, sie auf meinem Schoß, und sah mich um: Chaos! Überall lagen noch Spielzeuge oder Kleidungsstücke und auch viele Dinge, die eigentlich in ein anderes Zimmer gehörten und von meiner Tochter verschleppt worden waren. Aber jetzt war es schon zu spät am Abend, um noch aufzuräumen.  Meine Tochter merkte meine miese Laune leider sofort: „Warum bist du traurig, Mama?“, fragte sie mich mit ihren zweieinhalb Jahren. Ich erzählte ihr, dass ich nicht traurig war, sondern nur ein bisschen schlechte Laune hatte, weil es in ihrem Zimmer so unordentlich ist und überall was rumliegt. Ich gestand ihr, dass ich mich ärgerte, weil ich das Aufräumen heute nicht geschafft hatte. In diesem Moment fühlte ich mich wie eine Versagerin. Nicht nur, dass ich es nicht geschafft hatte, den Haushalt ordentlich zu erledigen, sondern noch dazu spürte selbst mein Kind, dass ich schlechte Laune hatte.

Aus der Sicht eines Kindes

Doch die Antwort meiner Tochter erstaunte mich noch mehr als ihr feines Gespür für meine Laune: „Macht doch nichts Mama. Es sieht nicht schlimm aus. Morgen räumen wir auf.“ Ich war baff! Das, worüber ich mich so sehr ärgerte, hatte für meine Tochter keinerlei Bedeutung. Ihr war es egal, dass ich nicht alles von meiner To-Do-Liste an diesem Tag geschafft hatte. Dass die Wohnung nicht 100 Prozent aufgeräumt war. Das, was in meinen Augen nicht perfekt war, spielte für sie keine Rolle. Für sie zählte nur, dass ihre Mama in diesem Moment für sie da war, ihr Liebe und Aufmerksamkeit schenkte, und mit ihr ein Buch anschaute. Das verdeutlichte mir einmal mehr, wie unterschiedlich die Sichtweisen von mir und meiner Tochter waren auf die wichtigen Dinge im Leben. Wieder einmal war mir mein kleines Kind ein Vorbild und lehrte mich, was wirklich zählt.

Entspannt euch, liebe Mütter!

Auch in meinem Umfeld erlebe ich öfter Mütter, denen es so geht wie mir an einem solchen Chaos-Tag: Gestresste, überforderte, besorgte Frauen, meist mit dem ersten Kind, die sich aufreiben beim Versuch, die beste aller Mütter zu sein und alles unter einen Hut zu bekommen. Sie lesen Ratgeber, sie recherchieren im Internet, sie tauschen sich stundenlang mit anderen Müttern in WhatsApp-Gruppen und auf dem Spielplatz aus. Ob beim Thema Essen, Transport, Ausstattung, Kleidung, Haushalt oder Familienmanagement – stets muss es das Beste vom Besten sein, allen Empfehlungen von welcher Seite auch immer wird gefolgt. Auch bei meiner Tochter – unserem ersten Kind – ging es mir zunächst so. Tagelang hab ich das Internet durchforstet auf der Suche nach dem sichersten Autositz, Beikostplänen, dem besten Kinderwagen; habe mir Ratgeber gekauft (und bis heute nicht ganz gelesen), mir aufgrund von Checklisten einen Haufen Babyausstattung angeschafft, die ich nie gebraucht habe, und so oft es ging Rat bei anderen Müttern gesucht.

Finde deinen eigenen Weg

Irgendwann fühlte ich mich sicher genug, meinem eigenen Bauchgefühl zu vertrauen – und siehe da, viele Dinge klappten besser! Das heißt nicht, dass Mütter sich nicht untereinander austauschen oder gegenseitig Tipps geben können. Aber meine Bitte an alle Mütter, die ihren eigenen Anforderungen in der Mutterrolle nicht gerecht werden: Entspannt euch! Ihr werdet nie alles perfekt machen können – und das ist völlig okay. Für eure Kinder seid ihr sowieso die beste aller Mütter! Jede Familie, jede Mutter, muss ihren eigenen Weg finden. Nicht jeder Rat, und sei er noch so gut gemeint, passt für jeden. Theoretische Empfehlungen aus Produkttests und Studien scheinen ohnehin meist von Leuten geschrieben zu werden, die selbst nicht zur Zielgruppe Eltern gehören. Denn die Theorie scheitert häufig an der Praxis im Alltag. Einfach, weil Kinder kleine Menschen mit einem ganz eigenen Kopf sind. Und dieser Kopf interessiert sich nicht beispielsweise für sorgfältig ausgearbeitete Beikostpläne. Oder die Expertenempfehlung, mit zwei Jahren noch rücktwärtsgerichtet im Autositz zu fahren. Oder Mamas großen Wunsch, vor dem Schlafengehen noch das Kinderzimmer aufzuräumen.  Doch am Ende wird alles gut! Für eure Kinder seid ihr dann die besten Eltern, wenn ihr ihnen Liebe, Zuneigung, eure Zeit und eure ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt. Mehr braucht es häufig gar nicht. Keine perfekt aufgeräumte Wohnung. Keine teure Ausstattung. Kein pädagogisch wertvolles Superspielzeug. Ich wünschte, mir hätte das jemand bei meinem ersten Kind gesagt. Deshalb, liebe Mit-Mamas, informiert euch und tauscht euch aus, soviel ihr möchtet – aber überfordert euch nicht selbst beim Versuch, alles richtig zu machen. Investiert eure Kraft und Energie lieber in die pure Zeit mit euren Kindern, statt in Ratgeber und Internetrecherche.

Die mobile Version verlassen